MBO 800

MBO 800

MBO 800

1973 brachte MBO mit dem 800er einen einfachen Taschenrechner mit vier Grundrechenarten auf den Markt. Das Ungewöhnliche an diesem Rechner war, daß er zusätzlich zur Anzeigeröhre noch zwei Leuchtdioden besaß, um mit diesen negative Werte und Fehler anzuzeigen. Damals waren Leuchtdioden noch etwas ganz besonderes, und wenn man sich die Bauweise der Leuchtdioden ansieht, kann man das auch gut nachvollziehen.

Konstruktion

Rückseite mit offenem Batteriefach

Rückseite mit offenem Batteriefach

Das Gehäuse des MBO 800 ist von eher mäßiger Qualität: Das recht harte und dünne Plastik sieht zwar, vor allem dort, wo das weiße Kunstlederimitat aufgeklebt ist, ganz ansehnlich aus, altert aber recht schnell und tendiert dazu, an belasteten Stellen zu brechen.

Die Gehäusemaße sind nicht gerade klein, aber für einen Rechner von 1973 durchaus noch typisch. Das Batteriefach ist, wie man erkennen kann, im Inneren etwas kurios gestaltet: Die Batteriemarkierungen sind als Leiterbahnen auf die Platine geätzt. Eine ziemlich clevere Angelegenheit um Problemen mit verlorenen Aufklebern o.ä. aus dem Weg zu gehen.

Display und Leuchtdioden liegen hinter einer riesigen geschwärzten Plastikscheibe und sind dadurch auch bei größerer Umgebungshelligkeit noch gut abzulesen. Das Glas vor der Displayröhre ist zudem noch ein wenig angewinkelt, außerdem ist über dem Glas die Position der einzelnen Anzeigestellen vermerkt.

Aufbau

Innenansicht

Innenansicht

Der MBO 800 entspricht zwar vom inneren Aufbau her mit der, das Gehäuse zur Hälfte ausfüllenden Platine und der runden Anzeigeröhre dem gängigen Schema, das 1973 aktuell war, allerdings gibt es ein paar kleine Details, die ihn doch von anderen Rechnern unterscheiden:

Die Platine ist außergewöhnlich detailliert bedruckt, unter anderem sogar mit den Namen der ICs, sieht teilweise sogar handbestückt aus.

Details der Platinenrückseite

Details der Platinenrückseite

Eine kleine Besonderheit gibt es auch bei den Anschlüssen der Tastatur: Hier wird jede Taste einzeln angesteuert, und nicht, wie sonst üblich eine Tastenmatrix gebildet. Das führt zu der stolzen Summe von 23 Anschlüssen (An/Aus-Schalter mitgerechnet), die von der Tastatur auf die Hauptplatine gehen, und erklärt auch die in Summe 80 Pins des CPU-Paars.

Tastatur

Die Tastatur ist leider schlecht zu bedienen: Die schwammigen kleinen Tasten besitzen keinerlei Druckpunkt und neigen zu starkem Prellen. Eine korrekte Eingabe gelingt so erst nach vielen Versuchen. Dazu kommen noch starke Kontaktschwierigkeiten beim Schalter.

Während bei anderen Tastaturen eine Reinigung möglich ist, fällt diese hier flach, da die Tastatur so versiegelt/vernietet ist, daß sie nicht geöffnet und gereinigt werden kann.

Das Problem mit dieser Tastatur ist nicht nur auf das Alter des Rechners zurückzuführen, sondern trat auch schon vor über 30 Jahren bei einem anderen Exemplar dieses Rechners auf.

Chipsatz

Auf der Hauptplatine sind zwei vierzigbeinige Chips von Western Digital verbaut, ein ER1432B (18. KW 1973) und ein ER1422B (17. KW 1973). Eine genaue Beschreibung dieses Chip-Paars incl. Herstellerspezifikation findet sich im Calcuseum.

die CPU, bestehend aus zwei Chips mit je 40 Beinen

die CPU, bestehend aus zwei Chips mit je 40 Beinen

Display

1973 war es noch üblich, daß Taschenrechner mit einer runden Anzeigeröhre auf den Markt kamen. Diese Anzeigeröhren hatten in der Regel an einem Ende den luftdichten Verschluß und an am anderen Ende jede Menge Anschlußkabel. Der MBO 800 besitzt genau so ein Display, Typ ISE DP 81A1, welches sich verständlicherweise nicht sonderlich gut für eine automatische Bestückung eignet.

die beiden antiken LEDs

die beiden antiken LEDs

Das Display selber besitzt exakt 8 Siebensegmentstellen (zzgl. Dezimalpunkt) und kann daher weder einen Fehler, noch negative Zahlen darstellen. Hierfür wurden zwei wirklich antik wirkende Leuchtdioden verbaut, die aber im Gegensatz zum Display, der am besten von schräg vorne betrachtet werden kann, nur dann gut zu erkennen sind, wenn man exakt frontal auf den Rechner sieht. Hier gilt ganz eindeutig der Grundsatz “Form follows function”, denn wirklich ergonomisch ist diese gemischte Anzeigeform nicht - schon gar nicht in dieser Ausführung.

Rechenleistung

Die Rechenleistung des MBO 800 ist, für einen Rechner aus dem Jahr 1973 nicht unüblich, sehr rudimentär. Mehr als die vier Grundrechenarten und den Vorzeichenwechsel beherrscht er nicht, dafür aber besitzt er schon die damals moderne direkte Eingabelogik. Kurioserweise besitzt er auch eine Konstantenfunktion, die aber nur nur bei der Multiplikation und der Division wirkt.

Anzeige negativer Zahlen

Anzeige negativer Zahlen

Eine Division durch Null wird korrekt mit einem Fehler abgefangen, einen Überlauf in positiver bzw. negativer Richtung über die 8 Displaystellen hinaus wird ebenfalls mit einem Fehler abgefangen, lediglich bei der Multiplikation kann ohne jegliche Anzeige eines Fehlers über die 8 Stellen hinaus gerechnet werden. Erst wenn auch 16 Stellen überschritten werden, wird ein Fehler angezeigt. Bei der praktischen Arbeit ist soetwas ziemlich riskant!

Anzeige bei Überlauf

Anzeige bei Überlauf

Recht unüblich ist auch die Darstellung regulärer Zahlen bei der Division: Hier werden grundsätzlich alle vom Display her möglichen Nachkommastellen gezeigt, auch wenn sie 0 sind. So wird die einfache Division 1 / 2 im Display als 0.5000000 angezeigt. Und eine Multiplikation mit Nullstellen nach dem Komma pflanzt diese auch fort: Aus 2 . 0 x 2 . 0 = wird zuerst 4.00, dann beim nächsten Betätigen des Gleichzeitszeichens 8.000, dann 16.0000 usw.

Anzeige bei Division durch Null

Anzeige bei Division durch Null

Fazit

Der MBO 800 war, als er 1973 auf den Markt kam, ein ziemlich durchschnittlicher Rechner, der weder von der Rechenleistung noch vom Aufbau und schon gar nicht von der Tastatur her glänzen konnte. Dafür dürfte sich sein Preis aber auch im Rahmen gehalten haben.

Das Besondere an diesem Rechner ist einerseits die etwas unübliche Darstellungsart per Digitronröhre und Leuchtdioden, andererseits die nicht immer ganz ausgereifte Rechenlogik, die zwar (außer bei nicht angezeigten Überläufen) keine falschen Ergebnisse liefert, dafür aber mit der Streichung von überflüssigen Nachkommastellen so seine Probleme hat.

Diese Punkte machen den MBO 800 durchaus sammelwürdig, und mir persönlich bot der MBO 800 schon im Alter von 6 Jahren Gelegenheit, mit Taschenrechnern in Berührung zu kommen, denn diesen Rechner schenkte mir seinerzeit mein Großvater, der ihn selbst ein paar Jahre zuvor im stolzen Alter von 78 Jahren noch erworben hatte und ihn dann mit über 80 Jahren durch einen Privileg MD 585 ersetzte.

Rechner in der originalen Lederhülle

Rechner in der originalen Lederhülle

Technische Daten

Aufbau
Chipsatz / CPU Western Digital (WDC) ER1244B & ER1432B
Tastatur 18 Tasten
Display VFD, 8 Digits und 2 LED
Anzeigebereich -99999999 ... 99999999
Stromversorgung Spannung: 6V
Batterien: 4xAA
funktionale Ausstattung
Funktionen + - * /
Eingabelogik (Klassifizierung) ALG (BBD)
Objekt-Details
Baujahr 1973
Seriennummer 06216