Auch in der DDR wurden Taschenrechner entwickelt und hergestellt, so beispielsweise der MR 609, welcher 1982 debutierte.
Er war mit anfänglich 800 Mark (Ost) sehr teuer, sein Preis sank aber während seiner Produktionszeit, die bis in die späten 80er Jahre ging, stark. Außerdem wurde er auch unter dem Namen “SR 1”, als “Schulrechner” subventioniert für einen Bruchteil des Preises an Schüler abgegeben.
Der MR 609 ist ein einfacher wissenschaftlicher Taschenrechner, der neben den üblichen Grundrechenarten auch Winkelfunktionen, sowie Logarithmus- und Potenzrechnung beherrscht.
Konstruktion
Der MR 609 wurde komplett im VEB Mikroelektronik “Wilhelm Pieck” in Mühlhausen konstruiert, designed und gefertigt. Seine Ausführung ist sehr stabil, was nicht zuletzt dem recht kräftigen Plastikgehäuse, vor allem aber der Metallrückwand geschuldet ist. Dennoch ist er mit rund 4mm Höhe angenehm flach.
Hauptplatine
Im Innern befindet sich eine Platine (beidseitig bedruckt), die das komplette Gehäuse ausfüllt, und oben in der Mitte eine Aussparung für die CPU besitzt. Dieser Trick ermöglicht erst die sehr flache Bauweise.
Tastatur
Die Tastatur besteht aus einzelnen Tasten, die auf ein Gummi-Tastenfeld mit leitfähigen Punkten einwirkt.
Das LC-Display wird mittels einer Gummi-Rolle, in der zahlreiche leitfähige Abschnitte eingebaut sind, mit der Platine verbunden.
Display
Als Anzeige fungiert hier schon ein zeitgemäßes LC-Display mit einer Kapazität von acht Stellen sowie drei Zusatzfeldern (Minus, Speicher und Fehler).
Es wurde in der DDR im VEB Werk für Fernsehelektronik Berlin gefertigt.
Minuszeichen und Memory-Indikation erfolgen links im Display
Ein Fehler (ungültige Rechenanweisung oder Überlauf) wird über ein “E” am linken Rand angezeigt:
Chipsatz
Als CPU wird die im VEB Halbleiterwerk Frankfurt (Oder) gefertigte U824G verwendet, ein Chip mit 64 Anschlüssen auf allen vier Seiten.
Stromversorgung
Der Batterieverbrauch dieses Rechners ist so gering, daß in dem vorliegenden Exemplar auch noch nach 35 Jahren die original AKA-SR44S-Knopfzellen arbeiten.
Rechenleistung
Der MR 609 beherrscht neben den vier Grundrechenarten und addierendem Speicher noch die gängigen Winkelfunktionen (Sinus, Cosisnus, Tangens und deren Arcusfunktionen), Prozentrechnung, Potenzrechnung und Logarithmus (natürlich und 10er-Logarithmus).
Die Rechenkapazität geht von -9.9999 x 10^99 bis -1 x 10^-99 und von 1 x 10^-99 bis 9.99999 x 10^99, wobei intern mit 8 bis 9 Stellen Genauigkeit gerechnet wird. So wird die Zahl Pi zwar als 3.1415927 (korrekt gerundet!) ausgegeben, intern aber als 3.14159265 vorgehalten.
Fazit
Auch wenn der MR 609 nach “westlichen” Standards 1982 eher als einfacher Rechner galt, so besticht er doch durch seinen Aufbau und vor allem dadurch, daß sämtliche(!) Teile, einschließlich LC-Display und Batterien in der DDR hergestellt wurden. Eine solche Fertigungstiefe war zu dieser Zeit in Westdeutschland undenkbar und hätte wenn, dann nur einen nicht bezahlbaren Rechner zur Folge gehabt.
Technische Daten
Aufbau | |
---|---|
Chipsatz / CPU | VEB Halbleiterwerk Frankfurt (Oder) U824G |
Tastatur | 34 Tasten |
Display | LCD, 8 Digits |
Anzeigebereich | |
Stromversorgung |
Spannung: 3.0V Batterien: 2xSR44S |
funktionale Ausstattung | |
Funktionen | + - * / M % x<sup>2</sup> y<sup>x</sup> √ sin cos tan ln lg |
Eingabelogik (Klassifizierung) | ALG (GD) |
Rechenergebnisse | |
Berechnung von "1 + 0.000" | |
Berechnung von "0/0" | Fehleranzeige ✓ |
Berechnung von "√(-1)" | Fehleranzeige ✓ |
Berechnung von "(√2)2" | |
Wert von Π | |
Objekt-Details | |
Baujahr | 1982 |
Seriennummer | 337029 |
Kaufpreis (1982) | ca. 400.-- M |